Montag, 27. Januar 2014
Brauerei Barnikel in Herrnsdorf


Freitag, 17. Januar 2014
Gentrifizierung im Wedding - Ein neues Luxuskaufhaus?
In der neuen Müllerhalle ist ein neues Kaufhaus eingezogen. Wir haben jetzt eine erste Inspektion gemacht.
Zu Beginn eine Rüge für den Architekten: Die Fahrradständer in der letzten Ecke vom Parkhaus, gefühlte 100 Meter Fußweg zum Eingang. Glücklicherweise gibt es fünf städtische Fahrradständer auf dem Gehweg vor der Halle. Zum Laden geht’s mit der Rolltreppe hoch. Erste Überraschung: Das Fachgeschäft „MäcGeiz“, das schon in der alten Halle präsent war, ist wieder da. Ein Pluspunkt für den Wiedererkennungswert. Und mit MäcGeiz als Nachbarn kann sich auch Kaufland als höherwertig positionieren, raffiniert. In Reinickendorf gibt es ja schon zwei Kaufländer, eins davon am Kutschi nicht weit weg. Was ist im Kaufland Wedding anders, besser, neu? Nix, rein gaa nix, es sieht wirklich aus wie in Reinickendorf. Da müssen sich die Kaufländer noch etwas anstrengen, die Kunden im Wedding sind doch anspruchsvoll.

Brauche ich gerade was? Zitronen brauch ich, für heiße Zitrone, bei dem Wetter. 5 Stück im Netz 0,99 €. Das sind ja Preise wie am Kudamm. Der Müllerstraßenpreis für fünf Zitronen liegt bei 49 ct, entweder bei Bolu oder am Leo-Obststand, und bei Penny zuletzt 55ct (Zitronenpreis kenne ich in- und auswendig). Bei dem Preisniveau keine Überraschung: Kaum Betrieb an der Kasse, bei Reichelt 100 Meter weiter ist noch mehr los.

Nächster Check, rein beruflich: Was läuft beim Bier?
Mal angenommen, zur Eröffnung waren alle Bierpaletten komplett mit 40 Kisten bestückt, dann läuft Oettinger und Radeberger am besten, da klaffen schon große Lücken. Radeberger gibt allerdings gerade als Angebot für 10 € die Kiste, d. h. unter normalen Umständen läuft nur Oettinger gut. Hätte man sich denken können? Nicht unbedingt, es gibt ja auch Sterni und ein No-name-Billigbier, noch 1 € günstiger als Oettinger. Kaufland zeigt hier deutlich sein Profil als Laden für markenbewusste Billigkäufer.

Am Rande bemerkt: Am Rande gelegen sind noch ein Friseur und ein Bäcker. Bei Friseur der Herrenhaarschnitt 14 €. Der nette junge Haarschneider sah sehr gelangweilt aus, wahrscheinlich kein Kunde den ganzen Tag. Kein Wunder, wenn im Kiez drumrum 10 € der Standard für einen Haarschnitt ist. Beim Bäcker das übliche – nicht ganz. Da liegt ein Windbeutel, für stolze 1,75 €, aber mit frischer Sahne. War der Besuch in der neuen Müllerhalle doch nicht ganz für die Katz.


Familiengeführte Fachgeschäft wie dieses werden durch sind durch Einkaufszentren wie die Müllerhalle und Filialisten wie MäcGeiz in Ihrer Existenz bedroht.


Mittwoch, 28. November 2012
20 Jahre Doppelnamen
Zu den fragwürdigen Triumphen der Sozialdemokratie zählte Michael_Rudolf
- neben dem 0,4l-Bierglas - die weiblichen Doppelnamen. Ihre Hochzeit hatten diese Namen in den 90er Jahren; Eckhard Henscheid hat Ihnen in der Titanic regelmäßig schöne Denkmäler gesetzt. Meine Materialsammlung zu diesem Thema habe ich kürzlich im Archiv wiedergefunden. Entstanden ist diese Liste im Jahre 1992, die aufgeführten Damen sind allesamt Ärztinnen.



Die Liste hat einige Highlights. Mindestens so reizvoll wie die elend langen Dreifachnamen finde ich die kurzen und knappen wie Elke Kamp-Kill und Ingrid Renz-Ey, die Henscheid nie beachtet hat. Speziell mit einer contradictio in adiecto wie Lore Lieb-Zürn. Ganz charmant auch die Kombinationen Annemarie Gnädiger-Mezger und, kulturverbindend, Christel Avelini-Kuhbier. Die Krönung sind die dreifachen Alliterationen von Gabriele Gilch-Geberzahn und Margarete Meese-Marktscheffel.


Dienstag, 27. November 2012
Neue, alte Autokennzeichen
Seit dem 1. November ist es amtlich. Unter dem Stichwort „Kennzeichenliberalisierung“ wird der Wunsch vieler Autofahrer und Lokalpolitiker Wirklichkeit. Die alten Kürzel auf den Autokennzeichen, die im Westen in den 70er Jahren, im Osten in den 90er Jahren abgeschafft wurden, können auf Antrag der Länder wieder verwendet werden.

Der Widerstand gegen die neue Regelung war gering. Der deutsche Landkreistag, die Dachorganisation der Gebietskörperschaften, von der man sonst wenig hört, hat sich gegen die Liberalisierung ausgesprochen, von „Kennzeichenwirrwarr“ war die Rede. Insgesamt waren die Argumente recht dünn, die Frage der Kosten wurde kontrovers diskutiert.

Als erstes Bundesland hat Sachsen die Liberalisierung beantragt, und zwar pauschal für alle alten Kennzeichen. Das führt zu der seltsamen Situation, das für die Stadt Torgau jetzt zwei Kennzeichen zur Auswahl stehen, nämlich das alte „TG“, das nur 1994 verwendet wurde, und „TO“, das von 1995 bis 2008 vergeben. Theoretisch können auch die Kennzeichen der Kreise, die 1994 gebildet und 2008 aufgelöst wurden, wieder verwendet werden, z. B. „MEK“ für Mittlerer Erzgebirgskreis; und das, obwohl für diese Kennzeichen wohl kaum noch eine Nachfrage besteht, denn im mittleren Erzgebirge können auch wieder „MAB“ und „ZP“ für die Städte Marienberg und Zschopau verwendet werden.

In Nordrhein-Westfalen wurden die ersten Altkennzeichen selektiv reaktiviert. Insbesondere die Städte im Ruhrgebiet, die während der Kommunalreform ihr Kennzeichen verloren haben, haben an vorderster Front für die Wiedereinführung gekämpft und sind jetzt zufrieden. Alle Kennzeichen des Ruhrgebiet sind wieder im Einsatz: WAT (Wattenscheid), CAS (Castrop-Rauxel), WIT (Witten), GLA (Gladbeck), LÜN (Lünen), MO (Moers), DIN (Dinslaken) und WAN (Wanne-Eickel). Zusätzlich gibt es JÜL für Jülich, LP für Lippstadt und BLB für Berleburg. In andere Kreisen wird noch gestritten, z. B. im Fall Bocholt (BOH)

In Rheinland-Pfalz sind sechs alte Kennzeichen wieder in Einsatz: PRÜ für Prüm, ZEL für Zell an der Mosel, BKS für Bernkastel-Kues, SAB für Saarburg, BIN für Bingen und GOA für St. Goar.


Rarität aus Bayern

In Niedersachsen hat sich besonders der Süden in Zeug gelegt für die alten Kennzeichen. ALF, BRL, CLZ, DUD, EIN, GAN, HMÜ und RI sind zukünftig wieder auf der Straße. Im Norden des Landes wurden erst zwei Kennzeichen reaktiviert, NOR für Norden und BRV für Bremervörde.

Sehr zurückhaltend war bislang Schleswig-Holstein. Nur „ECK“ für Eckernförde ist seit Mitte November wieder aktuell.

Als sechstes Bundesland wird Sachsen-Anhalt die Altkennzeichen wieder zulassen. Auch hier werden, wie in Sachsen, die alten Kennzeichen pauschal aktiviert. Wie in Sachsen mit kuriosen Ergebnis: Für den Bördekreis gilt nun sowohl „BÖ“ als auch „BK“. Dessau-Roßlau wird nun mit den Kennzeichen „DE“ und „RSL“ die dritte kreisfreie Stadt in Deutschland, die zwei Kennzeichen hat (neben Bochum und Herne).

Bis auf weiteres nicht geben wird es neue Kennzeichen für große Städte, die in der Vergangenheit nie ein eigenes Kennzeichen hatten. Nachfrage besteht durchaus, z. B. in Rüsselsheim, das auf die Einführung von „RÜS“ wartet. Die größte Stadt ohne eigenes Autokennzeichen, von Anfang an, ist übrigens Bremerhaven, dort fährt man seit über 50 Jahre ohne zu Murren mit „HB“. Mit der neuen Kennzeichen-Verordnung wird die Diskussion, ob „BHV“ nicht angebracht sei, wieder beginnen.

Weitere große Städte und damit Kandidaten für ein neues Kennzeichen wären z. B. Norderstedt in Holstein (NST), Velbert (VE), Ratingen (RAT) und Troisdorf (TD) in Rheinland, vielleicht auch Buxtehude. Für die Abkürzung „BUX“ ist weit und breit kein Mitbewerber in Sicht. Kandidaten in Süddeutschland wären z. B. Waldkraiburg (WKB) oder Sindelfingen (SDF).


Montag, 16. Juli 2012
Man of Two Tribes
Arthur W. Upfield (*1890 †1964) ist noch heute der bekannteste australische Autor von Kriminalromanen in Deutschland. Das verdankt er der Tatsache, dass seine Romanserie um den Inspektor Napoleon Bony Bonaparte ab 1955 komplett ins Deutsche übersetzt wurde und in der roten Krimireihe des Goldmann-Verlages immer wieder neu aufgelegt wurden. In den 60er Jahren war Upfield einer der auflagenstärksten Autoren des Goldmann-Verlages.

Die ersten Ausgaben seiner Bücher erschienen in England bei Hutchinson & Co. Ab 1938 im folgte Angus & Robertson in Sydney, ab 1952 Heinemann in London. Die Erstausgaben der Bücher von Arthur W. Upfield sind heute bei Sammlern sehr gesucht.



Das Bild zeigt einen Ausschnitt des Originalumschlags des Romans Man of two tribes von 1956. Der Entwurf des Umschlags stammt von Ley Kenyon. Kenyon wurde bekannt für die Zeichnungen, die er in deutscher Kriegsgefangenschaft in Sagan anfertigte. Er arbeitete nach dem Krieg als Illustrator und schrieb Bücher über das Tauchen. Einige Informationen dazu bei Classicdivebooks.


Donnerstag, 21. Juni 2012
Neue Top Level Domains
Bei der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) sind insgesamt 1.930 Bewerbungen für neu TLD eingegangen, davon 70 aus Deutschland.

Die Zahl der deutschen Firmen, die ihren Firmennamen als TLD reserviert haben, ist mit 27 recht gering. Recht gut vertreten ist die Pharmabranche mit Boehringer, Fresenius, Merck und Stada. Der Handel ist mit Edeka und Lidl, Obi und Bauhaus dabei, es fehlen aber z. B. Rewe und Aldi. Aus dem Kfz-Sektor sind Audi, BMW, Bosch, MAN, SEW und Schaeffler am Start. BMW gehört zu den wenigen Firmen, die auch einen Markennamen reserviert haben, nämlich „Mini“.

Weitere bekannte Namen: SAP, Deutsche Post, Linde, RWE, TUI, Rexroth, GEA und KSB, ferner ADAC und Spiegel. Drei Mittelständler, die außerhalb der Branche kaum jemand kennt, ergänzen die Liste: ACO aus Rendsburg, ifm Elektronik aus Berlin und BLANCO aus Oberderdingen.

Zu den prominenten Firmen, die auf eine eigene TLD verzichten, gehören Bayer, BASF, Daimler, Adidas, Siemens und die Lufthansa. Auch die Allianz und die Banken sind nicht dabei. Den Rekord schießt mit sieben TLD sowieso die Deutsche Vermögensberatung AG ab, darunter auch die TLD „Pohl“. Reinfried Pohl, der Gründer der Deutschen Vermögensberatung ist damit der einzige Deutsche, der seinen Nachnamen als TLD reserviert hat. Auf diese Idee ist selbst ein begnadetet Selbstdarsteller wie Larry Ellison nicht gekommen.


Samstag, 17. März 2012
Schlecker schließt 37 Filialen im Münsterland
Von den angekündigten Schließungen der Firma Schlecker ist das auch Münsterland betroffen. Während in Bayern einige Bürgermeister aktiv werden, um den einzigen Laden im Dorf zu erhalten, ist die Versorgung kleinerer Orte im Münsterland nicht gefährdet. Ein Grund liegt darin, dass auch die kleineren Dörfer im Münsterland wesentlich größer sind als viele Dörfer in Bayern oder Hessen und in der Regel über ein mindestens einen Lebensmittelladen verfügen. Es ist sogar möglich, dass die Schließung der Schlecker-Filiale das Bestehen des letzten einzigen Ladens im Ort langfristig sichert, weil ein Wettbewerber wegfällt.

Die Kriterien, nach denen die 37 Filialen ausgewählt wurden, sind vielfältig. Geringer Umsatz, zu kleine Fläche oder zu hohe Miete können ein Grund sein. Aber auch die Wettbewerbssituation spielt eine Rolle. Seit der Konkurrent dm Märkte auch in kleineren Städten wie Telgte oder Stadtlohn eröffnet hat wird der Kampf um den Kunden härter.

In der Stadt Münster sollen sieben Filialen schließen. Hier ist Schlecker heute 30-mal vertreten, mehr als in anderen Städten von vergleichbarer Größe. Besonders betroffen ist der Stadtteil Hiltrup, dort sollen beide Filialen schließen. Allerdings verfügt Hiltrup über einen dm-Markt, die Versorgung mit Drogerieartikeln wird also nicht zusammenbrechen.

Im Kreis Steinfurt sollen elf Filialen schließen, unter anderem in Brochterbeck. Brochterbeck ist mit 2800 Einwohnern das kleinste Dorf im Münsterland, in dem Schlecker die Filiale schließt. Der EDEKA-Laden der Raiffeisen-Genossenschaft wird aber weiterhin die Grundversorgung sichern.

Im Kreis Borken sollen neun Filialen schließen, davon allein drei in Gronau und zwei in Bocholt. Als kleinstes Dorf ist Maria Veen betroffen.

Weniger betroffen sind die Kreise Coesfeld und Warendorf. Dort sollen jeweils fünf Märkte geschlossen werden. Das kleinste Dorf, das seinen Schlecker-Markt verliert, ist Ottmarsbocholt. Auch hier gibt es noch einen Spar-Markt im Ort, der die Grundversorgung aufrechterhält.

Die Drogeriekette Ihr Platz, die seit 2007 zum Schlecker-Konzern gehört, hat angekündigt, 142 Märkte in Deutschland zu schließen, aber noch keine Liste veröffentlicht. Ihr Platz hat seine Wurzeln in Osnabrück und ist deshalb im Münsterland mit 26 Filialen stark vertreten. In einigen Orten wie Gescher, Epe, Recke und Sendenhorst gibt es sowohl eine Schlecker als auch eine Ihr Platz-Filiale. Da die Schlecker-Filiale nicht auf der Streichliste steht, besteht hier die Befürchtung, dass die Ihr-Platz-Filiale geschlossen werden könnte.


Sonntag, 19. Februar 2012
Classic Bicycle
Der Markt für alte Autos (Classic Cars, deutsch: Oldtimer) wächst und gedeiht, weil immer mehr Sammler und Geldanleger das Thema entdecken. Wer nur aus Spaß an der Freude ein altes Auto repariert und dann ausfährt, greift wegen der exorbitanten Preise heute auf sog. Youngtimer zurück, Fahrzeuge, die maximal 30 Jahre alt sind.

Echte Oldtimer zu günstigen Preise gibt es noch auf dem Fahrradmarkt. Kenner der Materie haben ein altes NSU-Rad und ein - häufig restaurierungsbedürftiges - Bonanza-Rad in der Garage. In meiner Garage steht ein scharzes Herrenrad Marke Invicta, seit ca. 40 Jahren. Fahrbereit für den kommenden Sommern.


Montag, 16. Januar 2012
Lederhosen am Tegernsee
Zu den führenden Blogthemen gehören ja bekanntlich Blogs, Internet, Computer und Computerspiele, also mehr oder weniger selbstreferentielle Themen. Auf der Liste folgen, schon mit einige Abstand, Casting-Shows und Promis.
Ebenfalls viel gelesen, aber auf keiner Liste, sind Blogs mit den Themen Tegernsee und Radfahren. Da hänge ich mich jetzt mal dran.

Lederhose

Als ich an diesem Laden an der Tegernseer Straße in Gmund vorbeifuhr, fragte ich mich, was den Inhaber zu dieser doch recht verzweifelt aussehenden Aktion veranlasste. Weil auf dem Fest in München inzwischen Lederhosenzwang herrscht, müssten die Geschäfte der Branche doch gut laufen; und gerade am Tegernsee sollte der Preis doch überhaupt keine Rolle spielen. Weit gefehlt!
Des Rätsels Lösung: Dieses unschlagbare Angebot bei Lidl am Tegernsee hat offenbar die Umsätze verdorben.

Tolle Fahrradfotos folgen in Kürze, versprochen!


Sonntag, 1. Januar 2012
Geld & Mehr? Mehr Geld!
Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) hat ein Buch mit dem Titel Geld & Mehr. Wer es, wie ich, regelmäßig liest, wird feststellen, dass der Titel falsch ist. Es geht nur um Geld, allenfalls Geld & Gold wäre noch ein akzeptabler Titel. Deshalb habe ich mehrfach vorgeschlagen, den Titel zu korrigieren und das Buch Mehr Geld zu nennen. Zum Jahresanfang 2012 deutet sich nun an, dass die FAS bereit ist, darüber nachzudenken. Die Ausgabe von 1. Januar 2012 zeigt jedenfalls Bereitschaft zu einer Annäherung der Positionen – oder wie soll man das lesen?


Sonntag, 25. Dezember 2011
Arno Schmidt und Scarlett Johanssen
Die SZ vom 23. 12. 2011 zeigt ein Foto, das Schmidt um 1970 von seinem Schreibtisch gemacht hat (aus dem neuen Buch Arno Schmidt als Fotograf, hrsg. von Janos Frecot). Ins Auge fällt dabei das Foto eines Modells aus einem Wäschekatalog, dass Arno Schmidt als Vorlage für Franziska Jakobi verwendet hat. Ein Ausschnitt:


Spontan hatte ich das Bild aus Scoop vor Augen, das Scarlett Johanssen im roten Badeanzug am Pool zeigt. Ob Woody Allen je von Arno Schmitt gehört hat? Die Parallele ist nicht zu übersehen - kein Zweifel, dass Johanssen für Allen als Muse die gleiche Funktion hat wie das unbekannte Modell für Schmidt. Wie wäre Zettels Traum ausgefallen, hätte Arno Schmitt dieses film still von Scarlett zur Hand gehabt?


Das Foto in der Marbacher Ausstellung Arno Schmidt – Allerdings!
Ina Cappelmann über das Foto in Schmidts Werk: Foto-Fetisch


Mittwoch, 7. Dezember 2011
Die Krise der Spätis
Ein Geschäftsmodell steht auf dem Prüfstand. Kioske und Trinkhallen in den großen Städten haben Probleme zu überleben. Ein Büdchen oder eine Bude kann heute vielen Pächtern nicht mehr den Lebensunterhalt sichern. Weil immer mehr Supermärkte in den Innenstädten bis 22 oder 24 Uhr geöffnet haben, trifft die Krise auch die Berlin Spätverkaufsstellen, kurz Spätis genannt. Diese haben in der Vergangenheit mit extra langen Öffnungszeiten ihre Nische gefunden.

Eine Trinkhalle war früher ein solides Geschäftsmodell. In der Frühe Zeitung und Kaffee, tagsüber Zigaretten und Schokoriegel, ab dem Nachmittag dann Feierabendbier für die Frühschicht. Dabei ist der Getränkeverkauf das profitabelste Geschäft – Kaffee und Bier haben die höchsten Gewinnspannen. In der Zeit, in der jede Backfiliale Togo-Kaffee anbietet, und die preissensible Kundschaft das Bier vom Discounter holt, wird es schwer, trotz oft geringer Miete, noch etwas zu verdienen. In vielen Städten treffen sich die Geselligkeit suchenden Biertrinker nicht mehr an der Trinkhalle, sondern an einem ruhigen Plätzchen unweit vom nächsten Discounter.

In Berlin finden sich in den dicht besiedelten Stadtteilen über 30 Kioske bzw. Spätis auf einem Quadratkilometer. Diese Zahl nimmt auch nicht ab, sondern dort, wo viele Geschäftsräume leer stehen, weiter zu. Wer in diesem Umfeld noch einen Spätverkauf eröffnet, scheitert. Stammkunden wechseln kaum, und ausreichend Laufkundschaft gibt es nur in guten, nicht bezahlbaren Lagen. Wer dann noch auf ganz auf das profitable Getränkegeschäft gesetzt hat, hängt spätesten nach vier Wochen immer diese Zettel ins Schaufenster:


Überleben wird in Berlin nur, wer den Wandel der Kundschaft im Auge hat, und als Folge der Gentrifizierung auf die richtigen Zeitschriften setzt (Landlust, ct, Shape, Ökotest, gerne auch Mode und Kunst) setzt und bei Getränken und Lebensmittel die Produkte und Marken verkauft, die der nächste Supermarkt nicht im Angebot hat.


Montag, 28. November 2011
Landstraßenbirnen
Es ist ein Vergnügen, im späten Herbst über Landstraßen zu fahren, zur Mittagszeit, wenn wenig Verkehr ist. Man hat Augen für die Landschaft und die Bäume am Straßenrand, besonders die Obstbäume. 2011 war ein gutes Obstjahr, und so sieht man nur wenige Bäume, die nicht abgeerntet wurden, diese fallen aber, wenn die Äpfel rot leuchten, umso mehr auf. Ich halte dann an und versuche einige zu pflücken. Beim letzten Stopp stand auch ein Birnbaum in der Reihe, mit großen und runden, aber unauffällig grünen Birnen. Keinesfalls "und die Birnen leuchteten weit und breit", wie bei Fontane.

Butterbirne

Die Schale war sehr hart, so dass ich vermutete, es handle sich um unreife Früchte oder eine holzige Sorte. Zu Hause habe ich mich dann geärgert, dass ich nur fünf Stück in der Tasche hatte. Innen waren die Birnen nämlich süß und weich, im Geschmack den Birnen aus dem Supermarkt klar überlegen. Eine kurze Recherche ergab: Die Butterbirne, speziell Gellerts Butterbirne, zeichnet sich eben durch diese harte Schale aus, die auch bei Lagerung hart bleibt. Im Supermarkt ist sie nicht zu finden, weil sie nicht zur Spitzenkategorie der Tafelbirnen gehört. Also Augen auf am Straßenrand, oder einen Blick in Nachbars Garten werfen und freundlich fragen. Es lohnt sich.


Sonntag, 27. November 2011
Wenn Frankreich wie Finnland aussieht
Dann muss das der neue Film von Aki Kaurismäki und Timo Salminen sein. Le Havre schildert das Zusammentreffen des Schuhputzer und Lebenskünstlers Marcel mit dem zehnjährigen Flüchtlingsjungen Idrissa in der französischen Hafenstadt. Da Le Havre nicht das Endziel der Flucht ist, versteckt Marcel den Jungen vor der Polizei und verhilft ihm zu einer Passage nach London. Die spannende Geschichte ist unbedingt sehenswert, nicht nur für Fans von Aki Kaurismäki. Ein Grund dafür ist auch die Rolle des Krimimalkommissars, der die Suche nach dem Jungen leitet – so stelle ich mir Kommissar Maigret vor, von Kaurismäki gedreht.

Das wäre sowieso ein Thema für den finnischen Regisseur. Der Roman Maigret in Holland, er spielt in der Hafenstadt Delfzijl – Hafen muss sein -, wäre eine perfekt Vorlage für eine zweiten Film mit Jean-Pierre Darroussin. Im Original reiste Kommissar Maigret noch mit der Bahn nach Delfzijl, in einer neuen Verfilmung könnte er es noch mit dem alten R 16 an die Nordsee schaffen.



In Le Havre werden übrigens gelegentlich Baguettes durchs Bild getragen, damit es nicht mit Helsinki verwechselt wird. Zum Schluß gehen Marcel und Kommissar Monet zusammen einen trinken - der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Sie trinken einen Calva, Le Havre liegt ja in der Normandie und nicht am Polarkreis.